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Zeunigssprüche - 3. Klasse

Das Samenkorn ist außen hart,
es zeigt uns sein Geheimnis nicht.
Doch innen regt unendlich zart
der Keim sich schon und drängt zum Licht.
So trage auch ich einst nach außen hin,
was jetzt noch verborgen in Herz und Sinn.

Wenn Sonnenlicht morgens das Dunkel durchdringt,
ein Vogellied hell schon zum Himmel aufklingt.
dann schimmern die Farben der Blumen noch leise,
sind luftig und hell nach des Elfenvolks Weise.
Im Morgenlicht wollen die Blumen dann blühen –
nun dürfen auch leuchtend die Farben aufglühen.

Eisen erglüht!
Feuer aufsprüht!
Fest steht der Schmied.
Sieh´, wie er jetzt
seinen Hammerschlag setzt:
Viel wird mit Kraft,
viel mit Schwung auch geschafft.
Doch kommt nur mit Ruh´
auch die Schönheit dazu.

Ein Täubchen flog aus Noahs Hand
und suchte überall nach Land –
es musste welches finden!
Als es zuletzt ein Bäumchen fand,
ließ Gott Sein neues Treueband
auch von dem Täubchen künden.
Kein Wesen ist vor Gott zu klein,
um Bote für Sein Wort zu sein.

Liebe durchwärmet die Wesen der Welt,
im Lichte erhellt sich mein Denken.
Und schaffe ich gut, wies dem Schöpfer gefällt,
kann ich sicher mein Lebensschiff lenken.

Fest richte sich mein Blick – aufs Richtige.
Still wäg und wag mein Herz – das Wichtige.
Schön werd von meiner Hand – das Tüchtige. 

Aus dem tiefen Blau der Nacht
geht ein Sternlicht erdenwärts.
Bin ich morgens früh erwacht,
trag ich seine Kraft im Herz.
Sternenkraft wird Herzensmut:
Durch Taten wird die Erde gut.

Rösslein, spring froh hinaus,
lauf dich nur tüchtig aus!
Fang ich dich einmal ein,
darf ich dein Reiter sein.
Was braucht der Reiter dazu?
Liebe, Geduld und Ruh.

Mühlstein dreht sich recht bedächtig,
fühlt sich dabei auch ganz prächtig.
Da ruft das Mühlrad zum mächtigen Steine:
„Denk ja nicht, du drehtest dich ganz von alleine!
Schwungvoll muss ich mich im Wasserlauf drehen,
sonst könntest vor Schwere du immer nur stehen.
So wurde, was dir dient als Kraft,
zur rechten Zeit mit Schwung geschafft!“

Wie Morgenlicht durchdringt die dunkle Nacht
und schenkt der Welt die helle Farbenpracht,
die Lebenswärmekraft aus Himmelshöhen:
will ich im hellen Denken Welt verstehen,
mir liebend Kraft im Herz bereiten,
um für das Gute auf der Welt zu streiten.

Ein Blumenkeim bahnt einen Spalt
sogar durch Decken von Asphalt –
wie kann er das vollbringen?
Weil er das Licht der Sonne liebt
und sie ihm ihre Stärke gibt,
kann er auch zu ihr dringen.
Von allem, was das Auge schaut,
was klingend uns umgibt,
wird dem ein Bild im Geist vertraut,
der es in Ehrfurcht liebt.

Wenn die Handwerkersleut sich zum Bauen vereinen
mit dem Lot und Kelle, mit Waage und Steinen,
hebt am Bauplatz alsbald muntres Handwerken an,
dass das Haus bald mit Fleiß aufgerichtet sein kann.
Und fragst du Meister und Gesell:
„Wie schafft ihr das so schön und schnell?“,
wird er den guten Rat dir geben:
„Schön und genau sei all dein Streben!
Lernst du dein Handwerk erst in Ruh´,
kommt Schnelligkeit von selbst dazu.“

Als Adam mit Eva den Himmel verließ,
da durften sie sich aus dem Paradies
ein Licht für das Dunkel anzünden.
Das Licht brennt noch immer an heiligem Ort:
Es leuchtet im Herzen der Menschen fort.
Wer liebt, kann es in jedem Mensch finden. 

Die Schwalbe fliegt fröhlich und tanzt durch die Luft.
sie trällert ihr Lied durch den Sommerduft
und plaudert mit all ihren Schwesterlein;
Doch kehrt sie dann wieder ins Stallinnere ein,
dann feiert sie heimlich ein ganz stilles Fest:
voll Schönheit und kunstvoll erbaut sie ihr Nest.

Siehst du die Sonne ihr Lebenslicht spenden?
Ihr Blick will zu allen Geschöpfen sich wenden.
Und was wir auf Erden an Schönem vollbringen,
das lässt auch den Himmel in Freude erklingen.

Kraftvolles Korn kann mit Kraft nur gedeihen,
fest wurzelnd erwehren dem Wind sich die Reihen.
Standhaft und stark woll´n die Ähren aufstreben,
leuchtend und helllicht im Lichte zu leben.
Standhaft streb auch du
mit Kraft dem Ziele zu.

Um den Schornstein zu fegen, erklimmt
der Geselle das Dach froh gestimmt.
Auf dem Weg zu dem rußigen Loch
schaut zu Himmel und Wolken er hoch,
singt ein Lied mit den Vögeln am Dach,
doch er setzt seinen Fuß stark und wach,
sieht zu, dass er mit Sorgfalt schreitet,
den Schornstein achtsam vorbereitet.
Denn sänge er nur Vogellieder –
er fiele ganz gewiss bald nieder.
So weiß der Schornsteinfegermann:
„Hinauf darf nur, wer achten kann!“

Mein Pferd erkennst du an den Flügeln:
Einst trägt es mich, 
doch erst muss ich es zügeln.

Bunte Gartenblumen blühen,
wie sie schöne Farben sprühen!
Rot erglüht und Blaues lächelt,
leise weht ein Wind und fächelt
gelb mit Blütenduft uns an;
Blumenglocken läuten dann.


Dass an dieser Farbenpracht
unser Herz sich freuen kann,
dafür hat ein Gärtnersmann
lange Zeit sich Müh´ gemacht.
Durch sein sorgsam eifrig Mühen
kann der Garten nun erblühen. 

Aus dem Quell springt das Bächlein, das helle und reine,
durchplätschert die Wiese, umspült Kieselsteine,
benetzt Blumenwurzeln, begrüßt Blütensterne,
will frisch weiter purzeln ins Nahe und Ferne.


Ach Bächlein, sammle Kraft und wache,
wird´ bald zu einem starken Bache –
so kannst du deine Wege gehen,
dabei auch noch ein Mühlrad drehen.


Damit dein Frohsinn Segen schafft,
geselle zu ihm Ruhe-Kraft.

Schiffchen im Sommerwind
huscht übers Meer geschwind.
Weht es dann stark und viel,
hilft ihm sein starker Kiel.
Wer auch das Schwere übt,
das ihm den Tiefgang gibt,
kommt gut ans Ziel.

Sät der Bauer die Samen in Reihen aufs Feld,
hat er vorher den Acker schon sorgsam bestellt.
„Nun wachse froh im Sonnenlicht“,
spricht zu dem Korn der wackre Mann,
„Was hier auf Erden wachsen kann,
wächst vor des Schöpfers Angesicht.
Drum will ich dankbar tätig sein,
damit die Früchte gut gedeih´n.“

Den Baum will der Gärtner als Ganzes behüten,
den Stamm und die Äste, die  Blätter und Blüten.
So ist auch am Baume der Welt alles wichtig,
kein Wesen zu klein, kein Geschöpf ist zu nichtig.
Die Liebe des Schöpfers, Sein himmlischer Segen,
behütet und schirmt uns auf all unsern Wegen.

Das Schöne lebt im Himmelsschein,
durchhellt auch unser Menschen-Sein.
Und wie ich licht erwach´ im Denken
Und darf im Fühlen Liebe schenken,
kann ich im Schönes-Tun die Erde
durchlichten, dass sie Stern einst werde. 

Ein Bäumchen reckt sich wunderschön
hinauf in luftig-lichte Höh´n.
Doch wenn ein starker Sturmwind weht,
ist´s gut, wenn´s nicht alleine steht,
mit anderen zusammenhält:
dann wird es nicht so leicht gefällt.
Wisst ihr auch, wer das Bäumchen liebt?
Das Vöglein, dem es Hülle gibt.

Stein auf Stein und maßgenau
wächst von Maurerhand der Bau.
Mauern will er schön und grade,
Lot hilft ihm, und Wasserwaage.


Muss auch der Maurer die einzelnen Steine
sorgsam einfügen, und jeden alleine:
Weiß er doch stets um des Meisters Plan,
nach dem allein er bauen kann.

Mit Pflug und Egge wird das Feld,
bevor´s zur Aussaat geht, bestellt.
In graden, schönen Reihen stehen
die Früchte, die die Bauern säen.


Wie sie zuerst das Feld bereiten,
so pflegen sie´s zu allen Zeiten.
Der Distel wehr´n sie und dem Dorn
und hüten wohl das gute Korn.
Ein rechter Bauer müht sich so
bis zu der Ernte ernst und froh.

Der Töpfer ergreift seinen Ton mit den Händen,
die wollen ihm dienende Hilfe nun spenden.
So mittet den Ton auf der Scheibe er ein
und bringt sie zum Drehen mit kräftigem Bein.
Die Hand formt den Ton aus der Erde Schoß,
sie bildet den Krug nun, dünnwandig und groß.
Und fragst du den Meister: „Was braucht es dazu?“
Er antwortet lächelnd: „Viel Übung und Ruh´.“

Die Ackerwinde sprach zum Korn:
„Was bist du für ein trüber Dorn!
Wie du dich stets nach oben mühst,
und auch noch im Verborgnen blühst!
Da lob ich mir mein Windenleben:
Ich wachse, ohne aufzustreben
und blühe, wann es mir gefällt.“


„Solang dich nur ein andrer hält!
Sonst liegst du auf der Ackerkrume, “
erwiderte das Korn der Blume.
„Ich stehe stark und frei im Feld.
Mein Halm entwächst der Erdenschwere,
hält eine lichtdurchwebte Ähre;
Im Schaffen liegt der Sinn der Welt!“

Der Schneider ist ein flinker Mann,
der seine Hand wohl führen kann.
Erst nimmt er Maß mit Band und Elle,
dann prüft er nochmals jede Stelle.
Nun schneidet er das Tuch sich zu,
führt seine Scher´ mit guter Ruh´.
Den Faden nun durch´s  Öhr gezogen,
die Beine überkreuz gebogen:
Jetzt kann das Nähen wohl beginnen.
Der Schneider nimmt das feine Linnen
Und Stich auf Stich setzt er den Zwirn,
senkt ruhevoll die ernste Stirn,
bis kunstvoll er sein Werk beendet,
das ihm nun Herzensfreude spendet.

Ein Pflug stand auf dem Hof herum
Und sprach zu sich: „Es ist zu dumm!
Einst war ich scharf und hell wie Frost,
jetzt bin ich schon ganz stumpf vom Rost –
so kann´s nicht weitergeh´n!“
Doch als der Bauer endlich kam
Und ihn zu seiner Arbeit nahm:
Hei, wie der Pflug da wieder blitzte,
als er die schwere Erde ritzte!
Der Rost kam wohl vom Steh´n.