Menü

6. Klasse - Zeugnissprüche

Wär´n einer Geige ihre Melodien
vom Geigenbauer mitverliehen –
sie könnte nimmer singen.
Erst, was ein Mensch an Schönem
erfühlt, kann aus ihr tönen,
wenn ihre Saiten schwingen.

Das Edelste ruht oft im Stillen,
wie Gold in einem tiefen Berg;
erschließt du es mit starkem Willen,
veredelt es dein Menschenwerk.

Am Anfang zählt allein der Schwung,
das Ziel ist hell und frisch und jung.
Will man auch noch den Schluss erreichen,
und nicht ganz still von hinnen schleichen,
dann braucht man außerdem noch Ruh:
sie fügt zum Schwung die Kraft hinzu.

Klarheit durchdringt alles Reine,
alles helle und wirkende Licht.
Sieh!, wie es hemmendes Dunkel
als farbiger Reichtum durchbricht!
So wird auch die Seele des Menschen
sich Reichtum und Schönheit erringen,
wo Wärme des Herzens und Licht
ihres Geistes das Leben durchdringen.

Die Kohle wird durchlichtet
zum klaren Diamant.
Ein Mensch, der Taten richtet,
nach dem, was er erkannt,
wird lichtvoll durch sein Handeln,
wird auch die Welt mitwandeln.

Wenn sich im Morgentau das erste Licht
in tausend Regenbogenfarben bricht,
erwacht die Welt zum Sehen –
Licht ist auch unser Denken,
wenn wir es zielvoll lenken
und so die Welt verstehen.

Dorrende Pflanzen, glühende Steine,
flimmern im gleißenden Sonnenscheine.
Was draußen als brennende Sommerglut
wirkt, lebt im Menschen als - Mut.
Die Welt verwandelt,
wer handelt.

Liegt die Yacht im Windeswehen
fest verankert – still?
Weite Länder will ich sehen!
Kurs? – Zum fernsten Ziel!
Steuermann, du musst nicht säumen,
zeige deinen Mut!
Meistre Sturm und Meeresschäumen!
Auf! - Die Fahrt wird gut!

Wenn Bienen ihre Waben bilden,
die sie durchformen Schicht um Schicht
wie Bergkristall – in den Gefilden
wirkt unsichtbar das stärkste Licht.
Wo Menschen frei nach Wahrheit streben,
wird Licht sich in die Seele weben.
Ihr Brüder, Schwestern, lasst uns wagen,
dies Licht auch in die Welt zu tragen!

Du musst! So tönt es uns ja oft entgegen –
Du musst! sagt auch dein eignes Herz.
Verwandle dieses Wort von einer Last zum Segen,
und finde seinen eigentlichen Wert,
indem du's umkehrst – dann wird es dich tragen.
Du brauchst nur statt "Ich muss!" – "Ich will!" zu sagen.

Aus dem Himmelsblau,
aus dem Sternenrund,
fällt des Lebens Tau
in den Erdengrund,
und des Geistes Glut
dringt ins Herz hinein,
weckt den Herzensmut,
stark und frei zu sein.

Ein Speer wiegt nicht sehr viel,
er braucht auch nicht viel wiegen,
er braucht, um schön zu fliegen
allein ein klares Ziel.
Das zu erfassen,
ist dem Mensch überlassen.

Wer ernsthaft mit seinem Werkstück ringt
bis er es wirklich zu Ende bringt,
findet auch Zeit fürs nächste; und Stück um Stück
schafft er sein eigenes Lebensglück.

Demosthenes rang mit dem Meeresbrausen,
sprach mit dem Schwert am Kinn, mit Kies auf seiner Zunge,
bis seine Stimme jene Kraft gewann,
die die Athener, Alte ebenso wie Junge
zum Schweigen brachte wie durch einen Bann.

Als Hannibal die Alpen überquerte,
sich gegen Wind und Schnee und Stürme wehrte -
warum war ihm das alles nicht zu viel?
Er ritt - und mit ihm seine Reiter -
durch Blitz und Frost und Hagelschauer weiter.
Die Kraft fand er allein in seinem Ziel.

Ein unbehauner Stein ist unser Leben
Es kostet Mühe, ihm Gestalt zu geben.
Setz deinen Meißel mutig an
und führe stetig Schlag auf Schlag!
Wer kraftvoll und besonnen schaffen kann,
bringt auch das rechte Bild zutag. 

Wer zeichnet am Himmel die riesige Spur
eines Vogelschwarms klarer Dreiecksfigur?
Ich finde in meinem Gedanken-Bau
dasselbe Gesetz, das ich außen schau.
Und was ich im Lichte der Sonne sehe,
erhellt sich erst ganz, wenn ich es denkend verstehe.

Eine Saite kann, wenn sie gespannt
wird, einen Pfeil verschießen oder heilend klingen.
Was jeweils richtig ist, erkennt nur ein Verstand,
der stark genug ist, um die Welt mit Wärme zu durchdringen.

Im Innersten eines Felsens ruht
in stiller, doch sternenhell leuchtender Glut
ein klarer, kristallener Stein.
Auch Menschen finden ihr höchstes Gut
im Inneren: Glaube, Liebe und Mut,
doch schließen sie's nicht in sich ein.
Es lebt in der Seele als lichtvolle Wärme;
so wandeln die Menschen die Erde zum Sterne.

Ein Meister nimmt den Bogen auf und spannt
und prüft die Sehne mit der Hand,
und zielt und trifft, weil keine Spur von Hast
ihn stört, wenn er sein Ziel ins Auge fasst.

Der Mensch, er ringt im freien Spiel
der Farben und der Töne,
dass Erdenstoff und Geistesziel
im Werke er versöhne.

Ein Instrument bin ich, darauf die Gottheit spielt.
Ich selber stimme mich, dass rein die Saiten klingen.
Vom starken Grundton bis in helle Höhen
will mich die Meisterhand zum Tönen bringen.

Im Samen steckt die Kraft,
die Erde zu durchdringen. -
Des Menschen Wille schafft
noch mehr: ihm kann gelingen,
dass Krummes grad sich richte,
was Dunkel, sich durchlichte,
dass Schönheit dich durchwaltet
und Wahrheit dich gestaltet.
(nach Heinz Müller)

"Ich bin der erste Diener meines Volkes!" –
Ein wahrhaft königliches Wort!
Tust du von dir aus und frei das Geringe,
wirst du nicht Knecht, sondern Meister der Dinge.

Die weiße Linie, die auf schwarzen Grund gezogen
wird, ist schön auch ohne viele Ranken;
und wenn dein Auge diesem rein geschwungnen Bogen
folgt, so folgt es einer Spur ganz aus Gedanken.

Will ein Drachenflieger sich in Höhen schwingen,
und um stolze Bergesspitzen schweben,
muss er erst gewillt sein, seine Last zu heben
und den Drachen auf den Gipfel bringen.

Weckend steigt im Zeitenlauf
immer neu die Sonne auf.
Auch der Mensch fühlt seine Stärke
immer neu in seinem Werke.

Ein Dieb traf auf Reisen
einen wirklichen Weisen.
Der Dieb brummt nur kurz: "Hier ist, wie ich seh',
nichts zu holen als Ebbe im Portemonnaie!"
Nur was wir fragen,
kann Antwort uns sagen.

Einen Kompass kannst du kreiseln lassen
seine Nadel wirst du damit nicht beirren.
Auch du musst deine Kraft zu einem Ziel zusammenfassen,
willst du nicht richtungslos durchs Leben schwirren.

Übt der Arm nicht seine Kraft,
so erlahmt er und erschlafft.
Auch die Seele darf nicht fliehen,
wenn sie Klippen überwindet.
Streng und ernst ist das Bemühen,
das zu neuen Ufern findet.

Willst du das Leben ganz begreifen,
musst du auch steile Wege gehn
Den Edelstein muss man erst schleifen
will man das Inn´re funkeln sehn

Demosthenes schleuderte donnernde Rede
durch die tosende, brausende Brandung ins Meer.
So schmiedete er seine Stimme zum Werkzeug,
zu künden des schaffenden, tätigen Geistes Schönheit.